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Reflektives Gleichgewicht: Das reflexive Gleichgewicht bei Rawls ist eine Methode der moralischen Argumentation, bei der die eigenen moralischen Intuitionen mit den eigenen Gerechtigkeitsgrundsätzen verglichen und gegenübergestellt werden. Ziel ist es, einen Zustand des Gleichgewichts zu erreichen, in dem sich die eigenen Intuitionen und Prinzipien gegenseitig stützen. Siehe auch J. Rawls, Schleier der Unwissenheit, Gesellschaft, Gerechtigkeit, Fairness.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Politische Theorien über Reflexives Gleichgewicht - Lexikon der Argumente

Gaus I 226
Reflexives Gleichgewicht/Politische Philosophie/Lamont: Theoretiker, die allgemeine Bevölkerung und hoffentlich auch Politiker beteiligen sich an einem kollektiven Erkenntnisprozess durch Diskussionen und Debatten, um Prinzipien und Richtlinien zu entwickeln, die besser mit den moralischen Urteilen und Überzeugungen des Volkes übereinstimmen.
>Reflexives Gleichgewicht/Rawls
.
Natürlich können Theoretiker ein solches Gleichgewicht nur erreichen, wenn sie herausfinden, was die Menschen glauben (Miller, 1999(1): Kap. 3-4; Swift et al., 1995(2)). Glücklicherweise hat es in den letzten Jahrzehnten anhaltende Bemühungen gegeben, die für dieses Projekt erforderlichen Daten zu sammeln (Elster, 1995(3); Hochschild, 1981(4); Kluegel und Smith, 1986(5); Miller, 1999(1)).
Miller: David Miller (1999(1): Kap. 4) hat einen Überblick über die empirischen Studien gegeben und die Ergebnisse teilweise wie folgt zusammengefasst:
Im Denken der Menschen über die soziale Verteilung gibt es (eine) Tendenz, mehr Gleichheit zu begünstigen, als dies gegenwärtig in liberalen Demokratien der Fall ist. Dies ist zum Teil durch Wüsten- und Bedarfserwägungen zu erklären: Die Menschen betrachten Einkommensungleichheiten in der gegenwärtig erreichten Größenordnung nicht als verdient, und am unteren Ende der Skala halten sie es für ungerecht, dass die Menschen nicht genug verdienen können, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. (1999(1): 91)
Frohling und Oppenheimer: In einer Reihe von Experimenten, die durchgeführt wurden, um herauszufinden, welche Verteilungsprinzipien die Menschen wählen würden, stellten Frohling und Oppenheimer (1992(6)) den Probanden vier Prinzipien für die Einkommensverteilung vor:
(l) Maximierung des Durchschnittseinkommens,
(2) Maximierung des Mindesteinkommens,
(3) Maximierung des durchschnittlichen Subjekts mit einer Untergrenze (kein Einkommen darf unter $x fallen) und
(4) Maximierung des durchschnittlichen Subjekts mit einer Bandbreitenbeschränkung (die Lücke zwischen oberem und unterem Einkommen darf $y nicht überschreiten). Die Maximierung des Durchschnitts, der einer Untergrenze (oder einem Sicherheitsnetz) unterliegt, wurde von der überwiegenden Mehrheit der Personen gewählt, während die Maximierung des Durchschnitts nur einen entfernten zweiten Platz einnahm.
Lamont: Die Alternative, die verwendet wurde, um die Unterstützung für das Differenzprinzip - die Maximierung des Mindesteinkommens - abzuschätzen, fand nur sehr wenig Unterstützung.
Rawls: Während also Rawls (1993(7): 8) die Theorie des reflexiven Gleichgewichts popularisierte, findet seine eigene Theorie der Verteilungsgerechtigkeit wenig Unterstützung.
>J. Rawls.
VsRawls: Einige Kritiker seines Differenzprinzips nennen einen Grund dafür. Obwohl das oben skizzierte Argument für das Differenzprinzip der Verringerung des Einflusses von Faktoren, über die Menschen keine Kontrolle hat, moralisches Gewicht beimisst, verleiht es der Wahl und der Verantwortung wenig positives Gewicht. Nach dem Differenzprinzip ist die Sozialstruktur so gestaltet, dass die Position der am wenigsten begünstigten Gruppe (charakterisiert durch Rawls, 1972(8): 97, als unterstes sozioökonomisches Quartil) maximiert wird, unabhängig davon, welche Entscheidungen die einzelnen Mitglieder dieser Gruppe getroffen haben. Wenn die Öffentlichkeit ein stärkeres Verständnis dafür hat, welches moralische Gewicht der Verantwortung beigemessen werden sollte, wie Samuel Scheffler (1992)(9) argumentiert hat, dann wird der Grad der Unterstützung, die die Öffentlichkeit den Benachteiligten schuldet, davon abhängen, ob die Benachteiligung auf eine Behinderung, mangelnde Motivation oder eine individuelle Lebensstilwahl zurückzuführen ist. Solche Überlegungen haben Ressourcen-Gleichmacher und Verdienst-Theoretiker beeinflusst (...).
>Ungleichheit/Dworkin, >Ungleichheit/Ressourcentheorie, >Verteilungsgerechtigkeit/Ressourcentheorie, vgl. >Verteilungsgerechtigkeit/Libertarismus.

1. Miller, David (1999) Principles of Social Justice. Cambridge, MA: Harvard University Press.
2. Swift, A., G. Marshall, C. Burgoyne and D. Routh, (1995) 'Distributive justice: does it matter what the people think?' In James R. Kluegel, David S. Mason and Bernard Wegener, (Hrsg.), Social Justice and Political Change. New York: Aldine De Gruyter, 15—47.
3. Elster, Jon (1995) 'The empirical study of justice'. In David Miller and Michael Walzer, (Hrsg.), Pluralism, Justice, and Equality. New York: Oxford University Press, 81-98.
4. Hochschild, Jennifer L. (1981) What; Fair: American Beliefs about Distributive Justice. Cambridge, MA: Harvard University Press.
5. Kluegel, James R. and Eliot R. Smith (1986) Beliefs about Inequality. Hawthorne, NY: Aldine De Gruyter.
6. Frohlich, N. and J. Oppenheimer (1992) Choosing Justice: An Experimental Appoach to Ethical Theory. Berkeley, CA: University of California Press.
7. Rawls, John (1993) Political Liberalism. New York: Columbia University Press.
8. Rawls, John (1972) A Theory of Justice. Oxford: Oxford University Press.
9. Schemer, Samuel (1992) 'Responsibility, reactive attitudes, and liberalism in philosophy and politics'.

Lamont, Julian, „Distributive Justice“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Politische Theorien

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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